Von Dirk Schulze
Die Leiterin der Sebnitzer Lebenshilfe-Wohnstätte, Ute Albert, freut sich über den Spendenscheck, den Heiko Witschel von der Enso überreicht (vorn). Dahinter von rechts nach links: Ralf Thiele, Vorstandsvorsitzender der Lebenshilfe Pirna-Sebnitz-Freital, Geschäftsführer Burkart Preuß und Marcus Kern, Vorsitzender des Heimbeirats.
© Kristin Richter
Sebnitz. Die Betroffenen sind völlig unruhig, können sich nicht konzentrieren, nicht einmal für fünf Minuten. Das sind die Folgen einer Crystal-Sucht. Die Schädigungen des Gehirns sind nachhaltig. Die aggressive Droge, die schneller abhängig macht als andere, greift besonders in Grenznähe immer weiter um sich, eine Trendwende sei bisher nicht in Sicht. So beschreiben die Mitarbeiter der Lebenshilfe-Wohnstätte in Sebnitz ihre Erfahrungen mit den Auswirkungen von Crystal-Meth. „Oft hat sich die Persönlichkeit schon so stark verändert, dass sie nicht mehr vollständig therapiert werden kann“, sagt Ute Albert, die Leiterin der Einrichtung. Seit zwei Jahren nimmt ihr Haus auch junge Menschen auf, die von illegalen Drogen loskommen wollen. „Wir können damit jungen Leuten, die ohne Ausbildung und ohne Perspektive waren, ein Angebot machen“, sagt Ute Albert. Zuvor lag der Fokus ausschließlich auf der Betreuung von Alkoholkranken, meist im fortgeschrittenen Erwachsenenalter. Die Nachfrage für das neue Angebot sei groß, fast täglich bekomme sie Anfragen nach freien Plätzen. Und die Betroffenen werden immer jünger. Erst vorige Woche suchte eine Klinik einen Betreuungsplatz für einen 19-Jährigen.
Die Crystal-Geschädigten müssen dann beinahe von vorn anfangen mit ihrem sozialen Leben. Zunächst geht es darum, sich wieder an einen geregelten Tag-Nacht-Rhythmus zu gewöhnen. Einkaufen gehen, der Umgang mit Geld, Körperpflege werden neu eingeübt. „Es fängt damit an, dass man sich gewaschen an den Tisch setzt“, sagt eine Suchtberaterin. In der Wohnstätte in der Sebnitzer Stadtrandsiedlung leben 30 Suchtkranke in vier Wohngruppen zusammen, hinzu kommen zwei Plätze für die geschlossene Unterbringung. Ein Drittel von ihnen ist wegen einer Abhängigkeit von illegalen Drogen hier, zwei Drittel aufgrund ihrer Alkoholsucht. Die Bewohner werden rund um die Uhr betreut, Haushaltstätigkeiten wie Einkaufen, einen Speiseplan entwerfen oder Staubwischen übernehmen sie selbst.
Um den Suchtdruck zu überwinden, müssen täglich Beschäftigungen stattfinden, welche die Betreuer organisieren. Im Haus gibt es dafür eine kleine Holzwerkstatt für Laubsäge- oder andere Arbeiten sowie einen Raum für die Ergotherapie. Den Suchtkranken werden dadurch Alternativen aufgezeigt, wie sie mit dem Druck umgehen können und nicht in alte Verhaltensmuster zurückfallen. Die Versuchung lauert für einen Alkoholkranken bei jedem Einkauf, wenn die Flaschen in Augenhöhe im Regal drapiert sind.
Der Aufenthalt in der Wohnstätte dauert mindestens zwei Jahre. In der Regel kommen die Bewohner im Anschluss an eine Therapie, mindestens aber nach einer Entgiftung hierher. „Die Menschen, die hier wohnen, wollen sich helfen lassen“, sagt Burkart Preuß, Geschäftsführer der Lebenshilfe Pirna-Freital-Sebnitz, welche das Haus betreibt. Das Ziel ist es, den Betroffenen schrittweise zu mehr Selbstständigkeit zu verhelfen und ihnen wieder eine Teilhabe am gesellschaftlichen Leben zu ermöglichen. Nach dem Leben in der Wohnstätte mit 24-Stunden-Betreuung ist der nächste Schritt der Umzug in die Außenwohngruppe der Lebenshilfe außerhalb der Einrichtung, danach im Idealfall wieder in eine eigene Wohnung.
Die Woche konnte sich die Sozialtherapeutische Wohnstätte Sebnitz der Lebenshilfe über einen Spendenscheck über 500 Euro von der Enso freuen. Sie stammen aus der Weihnachtsspendenaktion, die der Energieversorger jährlich mit seinen Geschäftspartnern auf die Beine stellt. Jeweils 20 Institutionen oder Projekte werden damit bedacht. Die Empfehlung für die Lebenshilfe kam von den Pura-Hotels in Bad Schandau. „Das ist sehr gut angelegtes Geld. Es kommt direkt den Menschen zugute, die hier Hilfe bekommen“, sagt Hotel-Geschäftsführer Ralf Thiele, der außerdem Vorstandsvorsitzender der Lebenshilfe Pirna-Freital-Sebnitz ist. Die Wohnstätte weiß auch schon konkret, was mit der Spende passiert. Davon wird ein Laptop für neue Therapien angeschafft, erklärt Leiterin Ute Albert. Das Gerät kommt für das Gedächtnistraining zum Einsatz.