30 Jahre Lebenshilfe - Wie alles begann in Pirna

Frau Funke, Mutter von drei Söhnen erzählt. Ihr zweiter, mittlerweile erwachsener Sohn wurde mit einer geistigen Behinderung geboren. Als er in die Schule kommen sollte, wurde geprüft, ob er die Anforderungen der damaligen Hilfsschule erfüllt. Der kleine Junge war so stolz, endlich, wie sein großer Bruder, in die Schule gehen zu dürfen. Dann kam die Absage – für das Kind ging es zurück in die Kindereinrichtung und in den elterlichen Hausstand. So ging es vielen Familien zu dieser Zeit.

Dann kam die Wende. Ab 1989 gab es für Menschen mit Angehörigen mit geistiger und mehrfacher Behinderung nun endlich die Möglichkeit sich zu organisieren, um selber aktiv zu werden. Sie konnten Vereine gründen, die ihren Bedürfnissen entsprachen.

Frau Funke hatte durch ihr Engagement in der Förderschule auf dem Sonnenstein in Pirna viele Kontakte zu anderen betroffenen Eltern. Sie kam mit ihnen ins Gespräch. Bereits im Januar 1990 gründeten sie die Arbeitsgruppe „Behinderte“. Sie trafen sich regelmäßig im Seniorenheim auf der Einsteinstraße in Pirna und überlegten gemeinsam, was sie machen können um Perspektiven für ihre Kinder aufzubauen. Sie suchten und fanden Unterstützer in unserer Region und in Österreich.

Am 13. November 1990 fand dann die erste Mitgliederversammlung des Lebenshilfe Kreisverbandes statt, die Satzung wurde bestätigt und der Vorstand gewählt. Die Mitglieder lernen die bundesweite Organisation „Lebenshilfe für Menschen mit geistiger Behinderung“ in Marburg kennen.

Die nächsten wichtigen Schritte waren das Aufsuchen eines Notars um damit umgehend beim Kreisgericht den Antrag auf Eintrag in das Vereinsregister zu stellen. Nach Wochen des Wartens erfolgte die Bestätigung des Eintrags und vom Finanzamt wurde der Verein als gemeinnützig anerkannt. Allen fiel ein Stein vom Herzen und die Freude war groß. Jetzt konnten sie endlich loslegen.

Zur Gründung zählte der Verein 30 Mitglieder, drei Monate später waren es bereits 60.

Im ersten Quartal 1991 wurde der erste Antrag zur Übernahme eines bestehenden Gebäudes als eine Art „Geschütztes Wohnen“ und ein weiterer zur Nutzung eines Raumes als Geschäftsstelle gestellt. Am 1. Juli 1991 übernahm der noch junge und unbekannte Verein die Trägerschaft eines Wohnheimes in Obervogelgesang und am 1. September 1991 begann die Arbeit in der vorläufigen Geschäftsstelle auf der Maxim-Gorkistraße in Pirna und am 15. November konnte die erste Wohnung im Rahmen betreutes Wohnen auf dem Sonnenstein bezogen werden. Das alles war nicht billig und der Geldfluss durch die Kostenträger kam nur langsam in die Gänge. Ein Überbrückungsdarlehen in Höhe von 60.000 DM musste aufgenommen werden und konnte später zurückgezahlt werden. Um die notwendigen Arbeitskräfte bezahlen zu können, gelang es der damaligen Vorsitzenden Frau Funke in Zusammenarbeit mit dem Arbeitsamt im Rahmen von Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen die notwendigen Arbeitskräfte einzustellen. Viele dieser Mitarbeiter wurden im dauerhafte Arbeitsverhältnisse übernommen.

Am 1. Juni 1992 eröffnete die Geschäftsstelle auf dem Varkausring 1A in Pirna. Die Frühförder- und Frühberatungsstelle beginnt ihre Arbeit am 1. August 1992 im gleichen Gebäude auf dem Sonnenstein und am 7.11.1992 die Nähstube des Vereins. Am 13. April 1993 folgen ein Wohnheim in Leupoldishain und 1. September 1993 übernimmt der Verein die Trägerschaft des sozialpsychiatrischen Heimes in Struppen. Es folgen die Übernahme der ersten integrativen Kindertagesstätte am 1. Januar 1994 auf dem Sonnenstein und im gleichen Jahr eröffnet die Frühförder- und Frühberatungsstelle auf der Geibeltstraße 5 in Pirna. Am 1. Juli 1994 dann die Eröffnung einer Wohneinrichtung für chronisch psychisch kranke Menschen, am 1. August 1994 Übernahme einer 2. Kita in Pirna Copitz und am 1. August 1994 Gründung des familienentlastenden Dienstes auf der Geibeltstraße 5 in Pirna.

„Es war eine bewegte und auch sehr bewegende Zeit.“ beschließt Frau Funke ihre Ausführungen. „Jeder Tag brachte Neues. Wir haben angestrengt gearbeitet, Probleme gelöst und auch viel gelacht und uns über unsere Erfolge riesig gefreut.“ Auf die Frage, würden Sie die Lebenshilfe heute wieder gründen, kommt ein promptes ja, mit den gesammelten Erfahrungen aber anders.

Martina Seifert

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